»Kurzweilig, konfrontativ, berührend«

Tom HG Opitz in: lovelybooks.de über »Die Entstehung der Liebe« von Lea Joan Martin

Es begann beim Tango … so — unter anderem — bewirbt die einschlägig weitgehend bekannte Autorin und Tango-Kolumnistin Lea Joan Martin ihr neuestes Buch, dem sie den Hoffnung spendenden Titel »Die Entstehung der Liebe« gab. Mit dem sehnsüchtigen Wunsch nach Beziehung und der allzu oft enttäuschenden Wirklichkeit sind in diesem Tanz ja viele in Kontakt. Nicht umsonst gibt es die Ansage, dieser verucht nahe Tanz sei der vertikale Ausdruck eines horizontalen Gefühls.

Und ja, mit dem Tango starten auch Dirk und Jule in ihr komplexes Mit- und Auseinander. Wer da aber nun viel über Tango lesen möchte, wird hungrig bleiben, denn in diesem Buch der Autorin ist die noch erkennbare, aber diesmal anonymisierte Berliner Szene nur Hintergrund. Dem oder der empfehle ich andere Bücher von Lea Joan Martin ( z. B. »Tango Sehnsucht«, in dem sie das Erfahrungsfeld in kurzen Kolumnen subjektiv und sachlich zugleich bildschön ausleuchtet. )

Und auch wer bei dem Titel auf eine simple romantische Traumreise hofft, sollte lieber etwas anderes kaufen. Denjenigen aber, die beim Lieben öfter grübeln und denen das Nachdenken und das Reden über Beziehung vertraut sind oder die es lernen wollen, bietet dieses Buch anregende und abenteuerlich schöne Spaziergänge durch die lichten Berge und tiefen Täler sehnsüchtiger Gedankenwelten.

Denn Jule ist eine moderne Frau, die weiß was sie will und die bedenkt was ihr begegnet. Eine die abwägt und zweifelt, die gut fühlt, dass es in ihr brodelt und dann schreiben muss, um Worte zu finden für das, was es ist. Jule ist eine, die gerne JA sagen möchte, doch auch immer ein ABER findet, mit dem sie ihren Dirk nervt, der einfach nur glücklich sein will mit ihr und sonst gerne seine Ruhe hätte.

Eigentlich fühlt man sich beim Lesen, als würde man mit ständig steigender Neugier hineingezogen in das heimlich ergatterte Tagebuch der schönen Jule, die mit ihrer klugen Umsicht und Fähigkeit zum Perspektivwechsel gut ausgeleuchtete SchlaglIchter wirft auf ihren Alltag und das Salz der Liebe mit dem sie sich den versüßen mag.

Kurz und gut: In diesem Ja/Aber auf diversen Ebenen formuliert Lea Martin weibliche Perspektiven, die viele Leserinnen sicher kennen und wiedererkennen, froh, dass das endlich mal eine/r so klar und einsichtig formuliert. Ich als Mann fühle auch den Dirk, den uns Lea Martin da als Jule skizziert. Auch das trifft und macht betroffen.

Ja, es gibt Stellen, da fühlte ich mich richtig schlecht behandelt von dieser Jule und wurde sauer. Doch — es betrifft auch mich, irgendwie. Und genau das, dieser Blick ins gut geschilderte weibliche Erleben macht dieses Buch so interessant und bereichernd für mich und hoffentlich auch viele andere

»Die Entstehung der Liebe« ist eine emotional spannende Lektüre, die einer und einem die sehr persönlichen Horizonte weiten kann. Dieser mehr als 400 Seiten lange Roman über den Alltag und die Liebe einer klugen Schönen ist kurzweilig und konfrontativ, berührend und bereichernd, wortgewaltig und weise.

Manchmal ist man es leid in diesem quälenden »Ja, aber«, weil man sich selbst erkennt in den Abwärtsspiralen des Zweifelns und man hofft aufs Happy-End. Aber ob das kommt, werde ich hier ganz sicher nicht verraten, denn das ist ja der Reiz am tollen Tanz im Sog der Sehnsucht, dass man wissen möchte, wie das ausgeht mit dieser Reise durch eine Reifung. Ich kann sie nur empfehlen

»Ein ungemein empfehlenswertes Buch für Frauen und für alle Männer, die Frauen besser verstehen lernen wollen.« (Tom Opitz, lovelybooks.de)